Zur Freude der Freunde klassischer Musik konnten zum 8. Opernfestival auf Ibiza einige große Stars gewonnen werden. Dieses Jahr kam dann auch das neueröffnete Kulturzentrum in Jesus endlich in voller Größe zum Tragen. Das Gebäude verfügt über ein modernes Design und hat neben einem Ausstellungssaal, einer Medienbibliothek und einigen Mehrzweckhallen auch einen Konzertsaal. Der bleibt zwar von den Sitzplätzen (er fasst 300 Gäste) gegen den Kongress Palast in Santa Eulalia zurück, aber seine Atmosphäre ist einzigartig und bietet klassischen und modernen Inszenierungen Raum!

Als Verbeugung vor dem Veranstaltungsort wurde als erstes „Carmen“ gegeben – die wohl spanischste Oper überhaupt, auch wenn ihr Komponist George Bizet niemals auch nur einen Fuß aus Paris herausgesetzt hat. Er ließ sich von seiner Inspiration leiten und Carmen wurde bereits 1875 in Paris uraufgeführt. Die Oper ist ein modernes Kunstwerk, das an aktuellem Bezug nicht verloren hat. Die Selbstverwirklichung und Emanzipation der Frau, die Rolle als Eigentum des Mannes; auch heute noch ein starkes Thema.

Produzent Armin Heinemann holte das Beste aus der Raumakustik heraus, die nicht optimal für eine Oper dieses Formats ist. Aber die kreative Herangehensweise der Mitwirkenden und die außerordentlich gute Besetzung sorgten dafür, dass es ein unvergesslicher Abend wurde. Carol Garcia (Carmen), Carlos Silva (Don Jose), Irantzu Bartolome (Micaela), Carlos Daza (Escamillo), Marc Pujol (Zuniga), Elisa Velez (Frasquilla) und Isabel Albaladejo (Mercedes) zogen die Besucher vom ersten Ton an in ihren Bann. Die kompakte Raumstruktur sorgte darüber hinaus dafür, dass die Darsteller viel Blickkontakt mit den Zuschauern hatten und das schuf eine unglaubliche Energie. Die Chemie auf der Bühne elektrisierte den ganzen Raum, der so gefüllt war, dass zusätzliche Stuhlreihen aufgebaut werden mussten. Dirigent Daniel Gil de Tejada führte souverän das Orchester, das zum größten Teil aus lokalen Musikern bestand.

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Gratulation auch zur Requisite: im Mittelpunkt der Bühne stand eine bewegliche Box, die je nach Bedarf in ein Schlafzimmer, eine Hausfassade oder den unheimlichen Platz einer Mordszene umgewandelt werden konnte: Carmen in the box. Die zentrale Aussage „Amar mata – Liebe tötet“ zielte doppeldeutig auf die Anfangsszene, in der Frauen in einer Tabakfabrik arbeiteten. Um die Nähe zum Publikum noch weiter auszubauen, ließ Heinemann Don Jose auf Ibiza zur Welt kommen. Im Hintergrund der Bühne liefen Vintage Schwarzweißfotos der Insel mit Folklore- und Alltagsszenen.

Noch lange klangen die Arien der Oper in den Köpfen der Besucher nach, so wie „Habanera“ oder „Toreador“. Was für ein gelungener Auftakt für das Opernfestival. Mögen alle zukünftigen Veranstaltungen im Kulturzentrum so faszinierend, gut ausgeführt und genial werden wie Carmen. Da capo!