Häuser und ihre Gemäuer leben und atmen, und dass nicht nur, weil ihre Bewohner sie mit Leben und Energie füllen, sondern weil ihre Architektur, ihre Form und Struktur sowie jeder Stein eine lebendige Geschichte birgt, die Jahrzehnte oder auch Jahrhunderte nachhallt. Wer sensibel ist, der kann diese Schwingungen in einem Raum fühlen, aber auch der Anblick einer Fassade kann dem eines Kunstwerkes gleichen und die Seele desjenigen offenbaren, der von ihr träumte, sie plante und baute: der Architekt!
Ibiza kann sich geehrt fühlen, eine ganze Reihe von besonderen Häusern vorzuweisen, die aus der Hand des bekannten deutschen Architekten und Malers Erwin Broner stammen. Broner kam 1934 erstmalig nach Ibiza, auf der Flucht vor den Nationalsozialisten, die ihn als “politisch unzuverlässig” einstuften. Auf Ibiza verliebt er sich sofort in die traditionelle Architektur und nach einem kurzen Aufenthalt in den USA siedelte er dauerhaft nach Ibiza über. Er liebte es, die Charakteristika der ibizenkischen Fincas, deren geraden Linien, exakten Formen und die weißen Gemäuer mit der modernen Architektur der 50er und 60er Jahre zu kombinieren. Als Architekt war er ein Anhänger des Bauhaus-Stils, der sich perfekt mit den vorhandenen Gegebenheiten kombinieren ließ. Über 50 Gebäude stammen aus seiner Hand, so dass man zu Recht behaupten kann, dass er die steinerne Geschichte Ibizas stark beeinflusst hat. Casa Broner in Dalt Vila, auf den Klippen bei Penya, war bis zum Tod seiner zweiten Frau Gisela 2005 in Besitz und Wohnort der Familie, danach vermachte es die Witwe einer Stiftung. Heute ist Casa Broner ein Museum, in dem man Einblick in das künstlerische Wirken von Erwin Broner, aber auch in das private Leben des Paares erhält. Eine wunderbare Hommage an einen Mann, der Tradition und Moderne zu verbinden wusste.
Es gibt eine Verbindung zwischen der Arbeit von Broner und dem Maler Rafael Tur Costa und seiner Frau, der Kunstdozentin und Töpferin Anneliese Witt, die gerade einen großen Schritt zur Förderung von Kunst und Kultur auf Ibiza unternommen haben: Sie haben in ihrem Haus in Jesús (das Erwin Broner 1971 entwarf und baute) ein „Estudi Tur Costa“ geschaffen, einen Ausstellungsraum und Förderverein, der der lokalen und der internationalen Kunst gewidmet ist. Mit großem Respekt und in Eigenverantwortung haben die beiden in dem denkmalgeschützten Haus von Broner die Erweiterung vorgenommen, die der ibizenkische Architekt Marc Tur Torres umsetzte. Das schwere Erbe bekannter Architekten wie Josep Lluis Sert und Broner anzutreten, war eine Herausforderung, die Torres aber auch gerne für das Projekt von Marcos Tur Witt, dem Sohn von Rafael Tur, umsetzte. Dieser hat sich mit der Firma Ecodisseny auf „Green Building” und bioklimatische Architektur spezialisiert. Es wurden alle Register gezogen und der Gebäudeteil unter Berücksichtigung neuester ökologischer Ansprüche und Bewahrung mediterraner architektonischer Traditionen designt und dabei modernes Design und natürliche (weitgehend biologische) Materialien verbunden: Eine ökologische Stilikone. Mit Stolz schauen Tur Costas, gemeinsam mit seinem Sohn, und der Architekt Tur Torres auf ihr fertiges Herzenswerk, mit dem sie ihre Liebe und ihren Respekt zu hochwertiger Architektur manifestieren wollten und mit dem sie Leben in die von grünen Vorgärten geprägte Kultur von Jesús gebracht haben. Es ist der Inbegriff eines Hauses, das mit der umliegenden ibizenkischen Natur und Architektur geradezu verschmilzt, ohne an Charakter einzubüßen, ganz im Sinne von Erwin Broner. Sein Vermächtnis lebt fort: Häuser zum Leben – und zum Bewundern.