Das mit den ruhigen Tagen ist ja so eine Sache. Kann man sich vornehmen, muss man aber nicht. Kann klappen, muss aber nicht. Schon gar nicht, wenn man sich auf Ibiza befindet. Hans Peter Geerdes, besser bekannt als Scooter-Boss H.P. Baxxter, kann davon ein Lied singen. „Ich war gerade einige Tage auf der Insel und immer wieder dachte ich: Heute lässt Du es mal ruhig angehen. Aber dann sind da immer so viele Leute, die man kennt und schließlich wird doch gefeiert.“ Auch die Tatsache, dass just in jener Zeit Jimmy Fallon den Scooter-Klassiker „How much is the Fish?“ in seiner „Do not play“-Rubrik auf den Plattenteller legt, sorgt auch nicht eben für Ruhe. Baxxter selbst nimmt es gelassen und stellt sich mal eben an den Strand, um dem US-Talker jene Frage zu beantworten, die uns allen seit Jahren auf den Nägeln brennt: Was kostet er denn nun, der Fisch? „Na, 3,80 etwa.“ Hätten wir das also auch geklärt. Und wo treffen wir den Sänger, der auf dem Rückweg aus Spanien noch einen Stop-over für eine Show in Kopenhagen, eingelegt hatte, standesgemäß in seiner Hamburger Wahlheimat? Natürlich im Fischrestaurant. Chef Kowalke begrüßt persönlich, der Gruß aus der Küche folgt auf dem Fuße. Man kennt sich. Kein Wunder, ist der chronisch Blondierte doch seit über zwei Dekaden einer der erfolgreichsten Pop-Künstler des Landes.

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Kaum zu glauben dabei, dass Scooter im UK mit „Jumping all over the World“ (2007) bereits ein Nummer-1-Album unterm Gürtel haben, ausgerechnet die Pole Position der deutschen Albumcharts jedoch nie knacken konnten: „In der Tat, das ist wahr. Den zweiten Platz gab es mal, aber nie ganz oben.“ Dafür war Baxxter in den 80er Jahren nun nicht eben ganz unten, aber das zähe Ringen um Erfolg hat er bis heute nicht vergessen. „Ich erinnere mich gut an unseren ersten Proberaum, damals in Leer in einem Gemeindezentrum. Oben hatte die SPD ihr Büro, unten haben wir gerockt. Ein Raum ganz für uns allein.“ Meriten bringt das nicht, dafür umso mehr Spaß: „Das war ganz klassisch Bass, Gitarre, Schlagzeug, und klingen wollten wir wie Purple oder Rainbow. Das hat Bock gebracht, aber ich war damals bereits auf Erfolg aus. Ich wollte, dass das zu etwas führt.“ Bis dahin sollte es jedoch noch dauern, die Soundkoordinaten ändern sich Anfang der 80er Jahre: „Klar, wir liebten The Cure und Depeche Mode. Beim legendären Festival in Schüttorf sah ich nicht nur die Simple Minds, sondern auch die genialen Chameleons, die ich bis heute sehr liebe. Ihr „Second Skin“ haben wir sogar mal gecovert“. Baxxters Band heißt Celebrate the Nun, der Familienkombi wird zum Bandfahrzeug bei Auftritten. Die Eltern supporten den Sohn, aber was lernen soll der Junge auch. Auf das Abi folgt ein Ausflug an die Uni, Rechtswissenschaften geht auch mit einem Notenschnitt von 3,2. Es wird ein kurzes Gastspiel, die große Liebe bleibt die Musik. Es geht nach Hannover, schließlich nach Hamburg zur Plattenfirma Edel, wo Baxxter einen Job bekommt, am Telefon für den Außendienst. Das Blatt wendet sich, mit „Hyper, Hyper“, unter dem Banner seiner Band Scooter, gelingt 1994 der Durchbruch. Ironie des Schicksals: Noch für den Vertrieb zuständig, macht er die Verkaufe für sein eigenes Produkt: „Wenn die Außendienstler dann gesagt haben, sie nehmen nur drei oder vier Singles, habe ich gesagt: Nichts da, du musst ein Dutzend nehmen. Oder mehr. Am besten einen ganzen Karton.“ lacht Baxxter schallend beim Gedanken an die Pioniertage. Den Hörer im Büro kann er bald aus der Hand legen, in Sachen Karriere heißt es jetzt „Hardcore“. Der Mainstream feiert, abseits des Wegs wird die Band wegen ihres extremen Sounds und ihrer verkürzten ShoutOut-Formeln gern mal belächelt. Schmerzt das die Künstlerseele? Scooter etwas nachdenklich: „Natürlich ist das eine Zeitlang lustig, wenn etwa N-Joy-Radio aus „Hyper Hyper“ mal eben „Aldi, Aldi“ macht. Aber irgendwann fängt es auch an zu nerven, ganz klar.“ Dabei ist der Scooter-Sound mehr als technoides Stadion-Pumpen. Allein ein Blick in die Liste, welche Songs die Band zitiert, zeugt von einem Rundum-Blick in Sachen Pop-Historie, ist da doch alles von Albers bis Maffay, Led Zeppelin bis Billy Idol, Breakmachine, Sailor, Lionel Richie. „Ich habe dazu immer Ideen. Sowie mir ein Song einfällt, eine Zeile, wird das notiert. Manchmal reicht auch ein Spruch an der Wand eines Pubs.“ Scheuklappen – Fehlanzeige. Und auch in den Kulturredaktionen hat sich längst der Wind gedreht, das Feuilleton von Spex bis Sueddeutsche hört plötzlich Scooter. TV-Sender arte schickt Baxxter mit Literat und Humor-Gigant Heinz Strunk durch die Nacht, der Fraktus-Musikant improvisiert beim Antrittsbesuch ein Flötensolo direkt auf Band. Alles am Laufen im Hause Baxxter.

What’s next? Noch einmal DSDS? „Das lasse ich auf mich zukommen!“ ESC? „Ganz sicher nicht, einmal Vorentscheid reicht. Immerhin waren wir hinter Mutzke damals Zweiter“. Und Ibiza? „Da geht es auf jeden Fall hin, schon im Juli bin ich wieder auf der Insel“. Wie lange ist Baxxter denn bereits Ibiza-Fan? „Ehrlich gesagt, war ich früher eher der Mallorca-Typ. Ich war 1997 dann zum ersten Mal dort und es war gar nicht meins. Dann bin ich drei Jahre später wiedergekommen und es hat ‚klick’ gemacht!“ Was für ihn das Besondere ist? „So etwas wie Ibiza gibt es nirgendwo sonst, das ist einmalig. Du kannst alles haben, wie du es magst. Ganz ruhige Spots, belebte Strände, Rückzug oder die ganz fette Party. Und die Clubs natürlich. Wer es ein wenig dunkler, für den gibt es das ‚Amnesia’. Ich liebe das Ushuaia natürlich, aber am allergeilsten ist das Pacha. Der Club ist eine Legende, was für eine Geschichte, was für eine Atmosphäre. Wer da heute mit einem Clubausweis von 1973 ankommt, für den wird der rote Teppich ausgerollt.“ Den geht es auch treppabwärts beim Abschied vom Fischereihafenrestaurant. Kaum auf der Straße, wird H.P. von drei aufgeregten Damen um ein gemeinsames Foto gebeten. Ehrensache. Der Mann ist volksnah und, siehe oben, tiefenentspannt. Wenn das Jimmy Fallon sehen könnte …

Baxxters Top10

 

Led Zeppelin – „Immigrant Song“
The band, like the song itself: untouchable and unique.

 

Heart – „Barracuda“
An awesome riff, great vocals, an absolute rock n’ roll classic.

 

Soft Cell – „Torch“
For me, the song was a musical turning point from heavy rock to the new wave era.

 

KLF- „What Time Is Love“
KLF were another turning point in that new wave was over and what were, for me, new times, I mean, techno, were starting.

 

L.A. Style – „James Brown is dead“
For me, that song was a prime example of the first moments of rave: the power and the energy!

 

Oasis – „Wonderwall“
An absolute all-time classic and one of the few rock songs that you never ignore and that’s fantastically British.

 

Faithless – „Insomnia“
For me, Insomnia is a milestone on the house music dance scene: a totally timeless floorfiller.

 

Westbam – „We Need The Drugs“
The song is the soundtrack to the film „B-Movie.“ It’s got an amazingly fine voice and magical sounds. Westbam at his best!

 

Robin Schulz – „Sugar“
It’s the absolute stand-out summer hit of 2015 and way beyond that, too!

 

Chainsmokers – „Roses“
Brilliant production, a great song, superbly made!

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