Manchmal scheint es Sternen- und Planetenkonstellationen zu geben, in deren Zentrum dann ein Mann, eine Frau zu einer Art Katalysator wird, den ersten Dominostein umwirft, verbindendes Element wird und befeuernde Materie liefert – Steve Strange, wie er sich später nannte, war so jemand. In dem walisischen Örtchen Porthcawl erblickte Harrington am 22. Mai 1959 das Licht der Welt, schon mit 15 Jahren zog es ihn nach London. Das Timing hätte kaum besser sein. Kaum in London lernte er Leute wie Glen Matlock (Sex Pistols) und Billy Idol kennen, zog mit WG-Kumpel Rusty Egan um die Häuser.
Zunächst feierte man im „Billy’s“ in Soho, später gründeten sie den legendären „Blitz“-Club in Covent Garden, der Rest ist Geschichte: Egan, der auch bei den Rich Kids, zusammen mit Matlock und Midge Ure, spielte, prägte als DJ den elektronischen Sound des Ladens, der junge Boy George arbeitete in der Garderobe und Strange, der härteste Doorman der Stadt, filterte die schillerndsten Figuren heraus, die seinen Laden bevölkern sollten. Längst legendär, wie Steve Strange selbst Mick Jagger die Tür wies. „New Romantics“ war der Style der Stunde. Und für den war die Schmolllippe der Stones einfach zu normal gekleidet.
Und auch die Charts enterte Strange. Zunächst stapfte er als Darsteller durch David Bowies Videoclip zu „Ashes to Ashes“, später landete er mit Egan und Ure unter dem Namen Visage einen Superhit: „Fade to Grey“, in Deutschland Nr. 1 der Singles-Charts anno 1981, geriet mit seinen französischen Vocals, dem schwebenden Synthieteppich und den trockenen Beats zum zeitüberdauernden Klassiker. Nach dem Split zog es ihn Ende der 80er Jahre auch nach Ibiza, wo er u.a. mit Queen-Drummer Roger Taylor kollaborierte und wiederum ins Clubleben eintauchte, Partys organisierte und im aufkeimenden Tranceboom zu einer Szenegröße avancierte. Später setzte er sich nach Indien ab und so wechselhaft sein Weg war, eines geriet zur tragischen Konstante: Immer wieder verfiel Strange Kokain und Heroin.
Zuletzt, so schien es, ging es für Strange wieder bergauf. Als gutgelaunter Gast zeigte er sich in britischen Talkshows, arbeitete mit dem Duo Soundcheck zusammen. Jüngst hatte er einen Neustart unter dem Namen Visage gewagt und war auch schon wieder auf Tournee. Dieser Weg endete nun jäh, am 12. Februar starb Steve Strange in einem Krankenhaus im ägyptischen Scharm El-Scheich an den Folgen eines Herzinfarkts. Beigesetzt wurde er in seinem Heimatort Porthcawl. Den Sarg, weiß getüncht, mit Motiven seiner berühmtesten Outfits beklebt, sein charakteristischer Hut on top, trugen die Weggefährten von einst: Die Kemp-Brüder und Steve Norman von Spandau Ballet und ein tieftrauriger Boy George.
R.I.P. Steve Strange.
„Feel the rain like an English summer
Hear the notes from a distant song
Stepping out from a back shop poster
Wishing life wouldn’t be so dull
Deperir a gris
We fade to grey“