Mein Name ist Iain Thomson, Chefredakteur bei Essential Ibiza, und ich bin ein Ibizaholic. Seit meinem ersten Kontakt mit der Insel 1983 bin ich süchtig nach den Aromen der Insel und es gibt nur eine Therapie, die mich wirklich heilen kann: Ibiza Therapy. Ein ungewöhnlicher Name für eine gastronomische Eventreihe, deren Tickets in diesem Winter wie Gold gehandelt wurden. Michelin-Sterne-Köche am Herd und Star DJs an den Pults, eine heiße Mixtur, deren explosiver Anziehungskraft ich mich nicht entziehen konnte und mich auf dem Weg ins Ocean Drive Hotel machte, um die neueste Therapiesitzung nicht zu verpassen. Diese wartete gleich mit drei Chefköchen, Dave de Belder, Luca Rossi und Andrea Magnelli, auf.
Ich liebe die Stimmung auf der Insel kurz vor Saisonbeginn, die sogenannte Ruhe vor dem Sturm: Die Straßen sind frei vom Verkehr, es gibt neue Gebäude, die in letzter Minute fertiggestellt werden und fantastische Veranstaltungen, die im kleineren, etwas intimeren Kreis, genossen werden können. Ein paar Touristen sind bereits unterwegs, unschwer zu erkennen an Shorts und T-Shirts, während wir Einheimischen den Lagenlook bevorzugen. Der Hafen ist noch weit von vibrierender Ekstase entfernt, aber einige beliebte Sonnenplätze sind bereits gut besucht, wie ich auf dem Weg zu meiner experimentellen Therapiestunde registriere. Der satte Sound von Howard Hill begrüßte die illustre Gästeschar bei ihrem ersten Law Gin Aperitif.
Seit seiner Markteinführung konnte der hiesige Gin zahlreiche Awards abräumen und setzte seinen Siegeszug auf den internationalen Markt in rasender Geschwindigkeit fort. Markenrepräsentant Raquel Herrera Garcia darf sich zu Recht etwas auf den Früchten seines Erfolgs ausruhen. Sein Konzept, die Aromen der Insel, wie z.B. Zitronenblüten, Wacholder und Meersalz, in den Gin einfließen zu lassen, ist aufgegangen. In lockerer Runde genießen die Gäste das Wiedersehen mit alten und neuen Freunden, teilen ihre Vorfreude auf das Überraschungs-Menü, während Dave, Luca und Andrea natürlich längst in der Küche verschwunden sind, um das Essen vorzubereiten. Luca übernimmt den ersten Gang und allein seine detaillierten Ausführungen zu Beginn lassen die Liebe und die Akribie des gastronomischen Entstehungsprozesses jedes einzelnen Gerichts lebendig werden, das wir an diesen Tag genießen werden.
Unsere erste magische Kostprobe ist ein hausgemachtes Ziegen-Ricotta mit Mandeln, Kombucha-Essig und Wildkräutern sowie eine mediterrane Kabeljau-Krokette mit Kokosnuss und Aji Amarillo Kimchie. Eine Kombination, die es in sich hat: Der milde cremige Ricotta bekommt durch den Kombucha-Essig den nötigen Pep und die Kabeljaukrokette erhält durch die süßsaure Schärfe des Chili-Chinakohls einen feurigen Auftritt. Die Größe der Portionen sind perfekt, um wirklich alle Aromen vollständig zu genießen, aber auch noch Platz für die folgenden Runden zu lassen. Als nächstes wird ein knuspriger Fischrogen-Bao-Burger mit Avocado-Marmelade, Ají Limo Majo und Criolla Salsa serviert. Das weiche Brötchen (Bun) erinnert an einen Hefekloß und ergänzt sich perfekt mit dem Fischaroma und den scharfen Begleitern. Unsere Gespräche drehen sich inzwischen nur noch um diese großartigen Geschmacksnuancen und das Können der in der Küche verborgenen Genies.
Venusmuscheln sind zugegebener Maßen nicht mein Lieblingsgericht, aber die folgende asiatisch angehauchte Variante mit Kokosnussmilch, Limetten-Kefir, grünen Bohnen, Chili und Koriander ist ein weiteres Highlight. Nachdem wir die Muscheln herausgefischt haben, genießen wir die herrliche Suppe. Zu diesem Zeitpunkt sind wir bereits alle einer Meinung: Das Niveau jedes einzelnen Gerichts, jeder einzelnen Zutat ist extrem hoch, auf einen Favoriten konnten wir uns indes noch nicht einigen. Das sollte sich mit dem nächsten Gericht ändern: eine große Schüssel knuspriger Hähnchenflügel-Gado Gado mit scharfer Ananas, Miso-Senf und wildem Sauerampfer… Voller Genuss lassen wir die Hemmungen und das Besteck fallen und fischen die Flügel mit den Fingen aus der Schale, um sie tief durch die herrliche Soße zu ziehen, um ja nichts zu verschwenden. Das Fleisch ist so zart und saftig, dass es sich von den Knochen löst und der Miso-Senf und die süßscharfe Ananas verschmelzen zur perfekten Synthese.
Und obwohl die Chicken Wings nach mehr schrien, sind wir nun froh, dass wir es nicht übertrieben haben, denn es wartet ein letzter Gang auf uns – so rein und natürlich wie Ibiza selbst. Jede einzelne Zutat dafür stammt von der Insel: Johannisbrot und Passionsfrucht – ein ibizenkisches Finale, in seiner Einfachheit ein grandioser Abschluss für eine außergewöhnliche Reihe fantastischer Gerichte. Allein die Kombinationen waren denkwürdig und das Beste, was ich seit langem gegessen habe. Wirklich spektakulär! Eine gute Nachricht zum Schluss: Nachdem Ihnen wahrscheinlich schon das Wasser im Munde zusammenläuft, Ibiza Therapy wird auch im Sommer Gäste und Gaumen erfreuen. Also sollten Sie es nicht versäumen, rechtzeitig einen Tisch zu buchen!